Hans im Glück

Ein Standard-Werk der modernen dänischen Literatur hat der Insel-Verlag zu Leipzig in deutscher Sprache herausgegeben, Henrik Pontoppidans herrlichen Roman "Hans im Glück". Das Werk besitzt in den skandinavischen Landen den Ruf der Klassizität und wird dieses hohe Urteil nicht minder bei deutschen Lesern finden. Es gibt wenig Werke der epischen Literatur, die im gleichen Grade wie dieses den Eindruck des erlebten machen. Zweifellos ist "Hans im Glück" ein Bekenntnisbuch seines Autors, der seinem grossen Werke die hohen Reize der Autobiographie verliehen hat. Hierdurch ist eine Lebendigkeit in die dargestellten Szenen und die vorgeführten Menschen gekommen, die fasciniert und einen solchen Reiz ausübt, dass man die nahezu 1000 Seiten der zwei starken Bände wie im Fieber durchliest. Der Held des Romans Hans Sidenius, eines kindergesegneten ostjütishen Pastors Sohn, ein nicht voll ausgebildeter Ingenieur von grosser körperlicher Schönheit kommt arm und unbekannt nach der Hauptstadt und erobert sich mit rücksichtslosem Egoismus Frauen und Reichtum, Vermögen, Ansehen und Freunde. Man ärgert sich leidenschaftlich über die freche Art dieses eisenstirnigen Eroberers, über seine Kaltherzigkeit, sein streberisches Vorwärtsdrängen, sein rücksichtsloses Aubeuten aller Menschen und alle Chancen, deren er habhaft werden kann. Aber selbst dieses Weltkind erlebt seinen Tag von Damaskus. Die zahllosen Prüfungen, die über ihn hereinbrechen, wandeln und läutern ihn, und diese Umkehr zum eigenem gereinigten und erhobenen Ich, diese Abkehr von der Welt, dieses Verzichten auf äusseren Glanz, dem der Jüngling ehedem so gierig nachgejagt und sein Auszug in die Einsamkeit und verlassenes Sterben dort, dies alles gibt dem herrlichen Worte einen Ausklang der Erhabenheit, eine Würde und ein Mass sittlichen Ernstes, das unsäglich auf die Seelen wirkt. Mit Meisterhänden ist hier eine Reihe von Menschen im vollen Drange höchster Lebendigkeit vorgeführt. Diese Männer, diese Frauen, dieses ganze Gewimmel Lebender, deren Bekanntschaft der Leser in dem Werke macht, wirkt so urwirklich, dass man an diese oder jene Gestalt in dem Romane zurückdenkend, manchmal erst sich erinnern muss, hat man sie draussen im Leben in Person gesehen und gesprochen, oder ist es eine der Gestalten dieses Werke, denen eine Meisterkunst das volle Sein mit Schöpferkraft geschenkt und sie mit blutvollen Leben angefüllt hat. Pontoppidan ist einer von den Ersten, das beweist dieses Werk, das zum besten gehört, was diese unsere Epoche hervorgebracht hat. Den deutschen Freunden der grosen Kunst, die keine Landesgrenzen kennt, und beim Schönen nicht nach seinem Passe fragt, ist mit dieser Übertragung in unsere Sprache ein herrliches Geschenk gemacht worden.

Hans Land.

 
[1] Reclams Universum: En fortsættelse af "Illustrirte Zeitschrift für die Deutsche Familie" Universum der var udkommet siden 1889. tilbage