Anton Nielsen

In der gestrigen Ausgabe der Politiken äußerte Frau Nanna Kristensen-Randers Kritik an einigen Äußerungen in den Zeilen, mit denen ich vor ein paar Tagen über den Tod des Schriftstellers Anton Nielsen Bericht erstattete. Ich schrieb, dass sich der alte Volksgeschichtenerzähler in seinen späten Jahren vergessen, vor allem aber übersehen fühlte, und hiergegen protestiert sie.

Ich darf daran erinnern, dass von Anton Nielsen als Schriftsteller die Rede war. Dass er sich als solcher – außerhalb seines persönlichen Freundeskreises – in gewisser Weise vergessen, in jedem Fall aber vernachlässigt fühlte, daran besteht kein Zweifel. Ich habe Anton Nielsen nie persönlich gekannt oder getroffen, doch vor ein paar Monaten erhielt ich einen langen Brief von ihm, einen Brief, der als Grundlage für eine Beschreibung seines Lebens dienen sollte, und in dem er sich sehr offen über sich selbst und seine Anliegen aussprach. Er spricht darin mit berechtigtem Selbstbewusstsein über die Zeit, in der seine Werke auf dem Buchmarkt "Perlen und Juwelen" genannt wurden, und in der über ihn geschrieben wurde, dass er – und das stimmt gewiss – ein neues Zeitalter der dänischen Literatur eröffnete. Er fügt hinzu, dass die Flöte der Kritik später strengere Töne spielte. Wahr ist wohl auch, dass sein Stift in den letzten Jahren erheblich geringer geschätzt wurde, was unmöglich an ihm vorbeigezogen sein konnte; und man muss Autoren schlecht kennen, wenn man glaubt, dass ein solcher allmählicher Rückgang des literarischen Ansehens keinen Schatten auf das Leben des Betroffenen wirft. Selbst jetzt, nach seinem Tod, äußerten jedenfalls die meisten Zeitungen Kopenhagens bloß höchst erzwungene Worte der Anerkennung, ohne dabei die Spreu – die vielen anderen schreibenden Schullehrer, deren Mehrheit er zu seiner Zeit so sehr übertraf – vom Weizen zu trennen.

Darüber hinaus richtet sich die Beschwerde gegen mich, da ich Anton Nielsen als arm bezeichnet habe. Hierüber lässt sich vermutlich streiten. In dem angeführten Brief schrieb er selbst: "Jetzt habe ich ein kleines Gehöft mit Pferden und Kühen … und unterrichte ein paar Stunden an der Heimvolkshochschule in Ollerup". Ein kleines Gehöft! Das klingt doch nicht wohlhabend. Nun klärt uns Frau Kristensen-Randers über das Einkommen und den Nachlass des Verstorbenen auf, und sie selbst sagt hierzu: "Es würde wohl nicht für jeden reichen, aber für Anton Nielsens Bedürfnisse und Wünsche war sein Einkommen groß genug." Das ist ja erfreulich. Diese Last hat ihn nicht erdrückt. Doch das rüttelt nicht an der Tatsache, dass er in finanzieller Hinsicht nicht gemäß seinen Verdiensten entlohnt wurde.

Ich bin der festen Überzeugung, dass das klargestellt werden muss. Man muss bedenken, dass hier die Rede von einem Schriftsteller ist, der eine lange Zeit in seinem Leben ein wahrer Volksdichter war. Keiner seiner Zeitgenossen, nicht einmal Hostrup, hatte das Herz der Bauern so gewonnen wie der Dichter "des kleinen Hirtenjungen". Seine ersten Bücher gab es überall, sie wurden von Jung und Alt immer wieder gelesen. Die vielen Auflagen bezeugen das. Wie man es dreht und wendet: Aus dieser Perspektive betrachtet waren Anton Nielsens Lebensbedingungen erbärmlich schlecht. Die zweihundert ausgewählten Männer1, die das Land von den Schlafsälen der alten Militärkasernen aus regieren, tun gut daran, hieran erinnert zu werden.

Henrik Pontoppidan.

 
[1] Die ausgewählten Männer: bezieht sich auf den dänischen Reichstag, der nach dem Brand des Schlosses Christiansborg 1884 im Gebäude der Landeskadettenakademie (heute befindet sich dort das Östliche Landgericht) in der Fredericiagade tagte. Ab 1870 wurde dieses Gebäude vorübergehend als Kaserne für Ingenieur- und Infanterietruppen genutzt. tilbage