Das Dagmartheater
Nach der Aufführung von Der Bucklige1, die genug Lebenskraft zu haben scheint, um sich noch eine Weile auf dem Spielplan zu halten, präsentierte sich gestern Abend eine sogenannte Neujahrsrevue2, die einen ziemlich fadenscheinigen Eindruck hinterließ.
Dieser Ablauf ist von hunderten ähnlichen Revuen bekannt. Ein bedrängter Journalist, der um fünf vor zwölf mit dem Schreiben eines fehlenden Neujahrsfeuilletons einer Zeitung seine Sporen verdienen soll, und der sich vergebens den Kopf zerbricht um eine Idee zu finden, erhält letztlich Hilfe von Fantasus3, der in Fräulein Albrechts4 luftig gekleideter Gestalt aus dem Papierkorb emporsteigt. Sie schwingt ihren Zauberstab, und in einer Traumerscheinung passieren ihm die größten Ereignisse des Jahres Revue.
Dafür herhalten muss – hoffentlich zum letzten Mal! – natürlich wieder die Ausstellung5. Davon ausgehend werden verschiedene bekannte Persönlichkeiten herangezogen, woraufhin der Spaß im Redaktionsbüro mit einem schönen Tanz in bengalischem Feuer endet.
Das Ganze sind ziemlich fade Scherze. Zumal schon der Versuch taktlos wirkt, einen großen norwegischen Dichter und Sittlichkeitsapostel6 auf derselben Bühne in flacher Manier lächerlich zu machen, auf der er im Laufe des Jahres mit einer Festvorstellung geehrt wurde.
Es ist nicht leicht zu verstehen, was das Dagmartheater dazu getrieben hat, mit der Revue-Bühne7 auf der anderen Seite der Straße zu konkurrieren. Denn auch keiner der Spielenden vermittelt den Eindruck, genug Feuerwerk für derartige Neujahrspossen zu haben. Und die Vorstellung war ohnehin wahrhaftig lang genug.
Dennoch feierte Herr Neumann8 einen neuen Triumph mit ein paar Repliken als verwegener Sozialist.
Das Publikum nahm die Vorstellung mit Dankbarkeit auf.
L.