Paul Ernst til Henrik Pontoppidan
Sendt fra Sonnenhofen, Post Königsdorf, Ober Bayern. 24. juni 1922

Sonnenhofen, Post Königsdorf, O. Bay.
24. Juni 22

Hochverehrter Freund, verzeihen Sie, dass ich erst jetzt danke für das schöne Buch1 mit der freundlichen Widmung. Ich wollte meinem Brief eine Neuerscheinung von mir beifügen, und deren Fertigstellung hat sich wider Erwarten zu lange hinausgezogen.

Ich habe Sie aus der Novellensammlung "Der Teufel am Herd" zuerst kennen gelernt vor nun wohl 12 Jahren2; mir ist der grosse Eindruck noch heute lebendig: endlich wieder ein Dichter in unserer Generation. Nun habe ich das Buch jetzt von Neuem gelesen, bereichert durch das, was mir seitdem von Ihnen zugänglich wurde, und ich sehe, dass ich Viel aus ihm mir zu eigen gemacht habe, ohne es zu wissen. Vielen herzlichen Dank sage ich Ihnen für Alles.

Sie werden ja aus den Zeitungen wissen, wie schwer unser Leben in Deutschland heute ist. Die endgültige Katastrophe naht unerbittlich und langsam; sie wird werden wie in Russland mit Millionen von Verhungernden. Das Schauerlichste ist, dass die Menschen Nichts sehen. Mein und meiner 2 Familie Leben ist inzwischen ruhig weiter gegangen; wir leben auf unserem kleinen Bauernhof in einer ganz bäuerlichen Gegend eine Oase, auf der wir vielleicht die Noth überleben werden. Ich habe sehr stark gearbeitet. Von meinem grossen Epos sind nun etwa 30.000 Verse fertig; ich möchte gern, dass die beiden ersten Bände gleich gedruckt würden, aber es will sich kein Verleger finden, der das Wagniss eines 6 bändigen Epos übernehmen will.

Von Nielsen3 hörte ich kürzlich; ich hoffe, dass er mich im Lauf des Sommers hier besucht, dann denke ich von ihm über Ihr und Ihrer Gattin Befinden zu hören.

Mit herzlichem Dank auch von meiner Frau und vielen Grüssen an Sie Beide von uns Beiden

Ihr hochll erber
Paul Ernst

 
[1] Buch: formentlig Pontoppidans Der Teufel am Herd. Fünf Erzählungen (Jena 1922), et optryk med visse ændringer af 1910-udgaven, som Mathilde Mann havde oversat efter fortællingerne: Den kongelige Gæst, Thora van Deken, Borgmester Hoeck og Hustru, Det store Spøgelse og Højsang. tilbage
[2] 12 Jahren: Paul Ernst har altså læst bogens første udgave da den udkom 1910. tilbage
[3] Nielsen: Harald Nielsen. tilbage