Der Touristenverband

Ich habe in einigen Zeitungen gelesen, dass dänische Hotelbesitzer und andere, denen an einem steigenden Touristenstrom durch Dänemark gelegen ist, ein Treffen vorbereiten, bei dem gegen die Art und Weise protestiert werden soll, wie der Touristenverband seine Ziele umzusetzen versucht hat.

Es mag sein, dass der Führungsstil des Verbands bisher nicht unbedingt tadellos war. Die Vorwürfe, die man gegen ihn anbringen könnte, scheinen jedoch ausgerechnet unseren Hotelbesitzern und Gastwirten nicht gerade Anlass zur Großschnäuzigkeit zu geben.

Der Touristenverband hätte seine Aufmerksamkeit nämlich noch mehr als zuvor der dringend notwendigen Verbesserung unserer Hotels, Gaststätten und Dorfwirtshäuser widmen sollen. Das ist vorerst die wichtigste Angelegenheit: Ehe sie in Ordnung gebracht wird, nützt es weder, Fremde zu uns einzuladen, noch unsere eigenen Leute aufzufordern, "mit Stock und Hut loszuziehen". Bevor man es wagt, die Werbetrommel zu rühren, sollte man sich doch sicher sein, seinen Gästen ein ordentliches Bett und ein einigermaßen ordentliches Mahl anbieten zu können.

Nun gibt es in Kopenhagen und erst recht auf dem Land sicherlich einige vortreffliche Hotels. In der Regel muss man aber wahrlich nicht verwöhnt sein, um sich während eines Aufenthalts in unseren Gasthöfen unwohl zu fühlen.

Neulich saß ich im gleichen Abteil wie ein Schwede, der gerade aus Kopenhagen kam. Er hatte in einem der besten Hotels der Stadt gewohnt – und war immer noch schwer empört darüber, wie man ihn behandelt hatte. Er war abends, leicht mitgenommen von der langen Reise, angekommen und in einem Zimmer untergebracht worden, das den ganzen Winter lang nicht beheizt worden war, ja, dessen Kachelofen überhaupt nicht zog, und – als ein Versuch unternommen wurde – das Zimmer nur mit stickigem Rauch füllte. Als er ins Bett wollte, war der Bezug so klitschnass, dass man ihn hätte auswringen können, und als der Schwede sich am Morgen darüber beschwerte, begegnete man ihm unverschämt. Zudem bekam er eine Rechnung – die war auch "saftig", wie er sich ausdrückte. Augenblicklich packte er seinen Koffer und sprach den längsten schwedischen Schwur (und der war lang) aus, dass er nie wieder einen Fuß nach Kopenhagen setzen würde.

Jeder, der – anders als zum Beispiel Geschäftsreisende – kein Stammkunde in unseren Hotels ist, wird auf Winterreisen durch Dänemark die gleiche Widerwärtigkeit wie dieser Schwede erleben. Wie oft hört man nicht einen in Kopenhagen untergebrachten, erkälteten Provinzler mit heiserer Stimme die "klammen Hotellaken" verfluchen.

Doch wie viel schlechter noch ergeht es dem Kopenhagener, der sich zur Winterzeit auf eine Vergnügungsreise in die Provinz wagt, geschweige denn in die Dorfwirtshäuser?

Jetzt könnte man vielleicht sagen, dass der Touristenverkehr einzig für den Sommer bestimmt ist, und man im Winter schön zu Hause am Kachelofen bleiben sollte. Aber das stimmt nicht. Gerade der Winter – das heißt Februar, März, wenn die Tage länger werden – ist eine ausgezeichnete Zeit für Touristen. Im Frühling macht die Luft zu müde, und im Sommer ist es meistens zu heiß und zu schwül für weite Wege. An einem klaren Wintertag mit leichtem Frost und Sonnenschein kann man ohne sonderliche Erschöpfung sechs bis acht Meilen zurücklegen. Man leidet nicht unter dem Durst, den Sommerwanderungen mit sich bringen, und der einen – sofern man ihn zu stillen versucht – schlapp und elend macht. Stattdessen bekommt man vortrefflichen Appetit, der Kreislauf wird angeregt, und der Tabak schmeckt allerliebst.

Doch wie viele junge Dänen und Däninnen denken im Februar schon ans Wandern? Dafür lassen sie sich im Sommer nicht lange bitten, fahren in die Berge und besteigen Gipfel – in genau der gleichen kalten Frischluft und dem knöchelhohen Schnee, die sie daheim im Februar verabscheuen.

Für den Genuss derartiger Winterwanderungen ist es aber notwendig, sich gegen Abend in eine einigermaßen ordentliche Herberge verkriechen zu können. Doch wie viele solcher Orte gibt es auf dem Land schon? In den meisten Dorfwirtshäusern bekommt man einen kleinen, leeren Raum mit vier verputzten Wänden angeboten, meistens ohne Kachelofen und ohne andere Einrichtung als ein Bett und eine Waschschüssel auf einem Holzstuhl. Im Sommer mag das genügen; im Winter werden die langen Abende unter diesen Bedingungen auf Dauer unerträglich. Möchte man ein Buch lesen oder einen Brief schreiben, muss man zuerst ins Bett kriechen und die Decke als Schreibtisch benutzen.

In anderen Ländern ist das anders. Im Vaterland dieses wütenden Schweden zum Beispiel sind die Hotels und Wirtshäuser wesentlich besser, gemütlicher (und günstiger) als unsere. Im Winter steht selbst in abgelegenen Wirtshäusern mindestens ein beheiztes Zimmer bereit (und bekanntlich unterliegt der Transport von Haus zu Haus amtlicher Kontrolle); überall findet man ordentlich gemachte Betten, freundliche Bewirtung und saubergewischten Boden, bestreut mit Wacholderzweigen.

Bevor Dänemark dort angekommen ist, nützt es nichts, Fremden von den Reizen unseres Landes zu erzählen. Dänemark besitzt nicht viel von der Schönheit, die die Leute mit Gewalt ergreift. Wollen wir ausländische Reisende zu uns locken, dürfen wir uns nicht auf die Anziehungskraft unserer Meere oder Wälder verlassen. Diejenigen, die wir gewinnen wollen, müssen wir mit freundlichem Umgang und niedrigen Preisen festhalten. Die Deutschen und Engländer, die "gerupft" aus Norwegens Steinwüsten kommen, finden vielleicht Gefallen an der dänischen Idylle, wenn man sie nicht des Komforts innerhalb der vier Wände beraubt.

Sollte das erwähnte Treffen der Hotelbesitzer und Konsorten also wirklich zustande kommen, schlage ich folgende Resolution vor:

"Die Versammlung bittet den Vorstand des Touristenverbands, dem miserablen Zustand, in dem sich viele unserer Hotels, Gaststätten und Wirtshäuser zum Schaden der Weiterentwicklung des Tourismus befinden, mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Man erlaubt sich zudem den Vorschlag, den Sekretär des Verbands nicht länger Ausflüge ins Ausland organisieren zu lassen, da man der Ansicht ist, Zeit und Geld wären zweckdienlicher in Reisen im Inland investiert, um Mängel zu beanstanden und Verbesserungen anzuregen. Die Versammlung ist überzeugt, dass die wichtigste Aufgabe des Verbands vorerst darin bestehen sollte, für gemütliche und günstige Herbergen zu sorgen, und um das zu erreichen, verspricht die Versammlung dem Verband hiermit ihre tatkräftige Unterstützung."

H. P.